Am Sportplatz, 57234 Wilnsdorf
Postfach 3104, 57229 Wilnsdorf

Otto Schmitt: Mit einem NSU in die Großstadt

Vereint auf der Couch in „Schmitts schöner Stube“ (v. l.): Christoph Sting, Franz Görg, Otto Schmitt, Bruno Büdenbender und Hubert Büdenbender. Foto: krup

Otto Schmitt: Mit einem NSU in die Großstadt

Ausgerechnet der runde Geburtstag war für Otto Schmitt ein ganz trauriger: An seinem 80. Geburtstag am 22. Dezember 2016 wurde sein älterer Bruder Werner, der wenige Tage zuvor im Alter von 85 Jahren verstorben war, zu Grabe getragen.
 
Werner und Otto Schmitt sowie ihr jüngster Bruder Berthold (75) haben den Verein Schwarz-Weiß Gernsdorf, der im Jahre 1971 gemeinsam mit dem SV Rudersdorf zum TSV Weißtal fusionierte, über viele Jahre maßgeblich geprägt.

Und so bat die Siegener Zeitung den Jubilar Otto Schmitt erst jetzt zu einem Gespräch, in dem die guten, alten Zeiten der „Schwarz-Weißen“ thematisiert wurden. Mit am Tisch in „Schmitts schöner Stube“ saßen neben Tochter Ute Schwunk auch TSV-Jugendleiter Christoph Sting, Webmaster Hubert Büdenbender, der langjährige Jugendgeschäftsführer Franz Görg und Bruno Büdenbender, der über viele Jahre für die TSV-Jugendkasse verantwortlich war. Die vier Letztgenannten haben – genau wie Otto Schmitt selbst – auch Nachwuchsmannschaften in Gernsdorf trainiert. Klar, dass angesichts zahlloser Fotos und Zeitungsdokumente, die Otto Schmitt vorbereitet hatte, lebhaft (und bis kurz vor Mitternacht!) diskutiert und in Erinnerungen geschwelgt wurde.

Seine Fußballer-Laufbahn begann Otto Schmitt im Alter von acht Jahren bei Schwarz-Weiß Gernsdorf. „Damals gab es aber noch keine Altersklassen im heutigen Sinne, da haben Achtjährige mit Zwölfjährigen in einem Team gespielt“, erinnert sich der Jubilar. Sein herausragendes Talent kristallisierte sich schnell heraus, so dass er früh zu seinem Debüt in der 1. Mannschaft kam – eigentlich sogar zu früh. Bei seinem ersten Spiel bei den Männern war er nämlich erst 17 Jahre alt, vor Vollendung des 18. Lebensjahres durfte man aber nicht „oben“ mitspielen. So war ein mittelschwerer „Kunstgriff“ erforderlich: „Ich habe damals auf den Pass von Hans Steiner gespielt – der ist 1935 geboren, und schon war ich plötzlich 18“, schmunzelt Schmitt in Erinnerung an seine Premiere, die besser nicht hätte verlaufen können: Zum 8:1-Schützenfest beim SV Raumland steuerte er nicht weniger als fünf Tore bei!

Das Talent von Otto Schmitt, der zwei Mal für die Jugend-Westfalenauswahl kickte, blieb auch in der Großstadt nicht verborgen: „Gerd Grab hat mich 1956 zu den Siegener Sportfreunden geholt“, verrät Otto Schmitt, dem der Wechsel mit einem schmucken NSU versilbert wurde – schließlich mussten die 18 Kilometer von Gernsdorf bis ins Leimbachtal, wo schon damals drei Mal pro Woche trainiert wurde, zügig bewältigt werden. „Auch in Zeiten, da an Internet, Handys und soziale Medien noch nicht zu denken war, kannte Gerd Grab jeden Spieler. Er hatte den totalen Überblick, große Überzeugungskraft und ist eine echte Respektsperson. Wir haben noch heute Kontakt zueinander“, erklärt Schmitt. In Winterzeiten wurde in Siegen auch schon mal im nahen Reitstall in der Minnerbach geübt, „Eau de Cologne mit der Duftnote Pferdemist“ inbegriffen.

In seinem Heimatort nahm man den Wechsel nach Siegen nicht mit überschäumender Freude zur Kenntnis, zumal die „Schwarz-Weißen“ im folgenden Jahr aus der Bezirksliga in die 1. Kreisklasse abstiegen. „Das lag aber nicht nur an meinem Fehlen, sondern an großem Verletzungspech – so hatte sich mit Hermann Dreisbach ein ganz wichtiger Spieler einen Kreuzbandriss zugezogen“, erläutert Schmitt, der aber nach nur eineinhalb Jahren nach Gernsdorf zurückkehrte. Auf den Dörfern werden gern Legenden gestrickt, und eine davon besagt, dass seine Kumpels ihm nicht beim Hausbau geholfen hätten, wenn er nicht zurückgekommen wäre. Eine andere berichtet, dass einige nachtragende Experten ihm einen nicht sehr herzlichen Empfang bei der Rückkehr bereiteten – derjenige, der die Geschichten hätte aufklären können, lächelt aber mit der Weisheit des Alters nur dazu.

Mit Heimkehrer Otto Schmitt, der im damaligen „WM-System“ als „Halbrechter“ ungemein laufstark und sehr torgefährlich agierte, starteten die Gernsdorfer in der folgenden Jahren durch, hatten als verschworene Gemeinschaft eine Menge Spaß („Beim Wintertraining in unserem Vereinslokal ,Bim Ohm‘ ging auch schon mal die ein oder andere Lampe zu Bruch“) und schafften nach dem Gewinn der Gruppenmeisterschaft in der 1. Kreisklasse und dem anschließenden Triumph im Kreismeisterschafts-Finale gegen den BC Eintracht Siegen (4:1) im Jahre 1961 am 1. Juni 1969 durch einen 2:0-Sieg in Oberdielfen sogar den Sprung in die Landesliga. In diese Spielklasse stieg der TSV Weißtal dann 1977/78 nochmal auf, und danach wechselte Otto Schmitt erneut zu den Sportfreunden. In diese Zeit fielen zwei weitere prägende Ereignisse: „Mit den Alten Herren der Siegener haben wir eine Reise nach Russland unternommen, die Werner Schulze organisiert hat. Wir haben auf einer Kolchose gegen eine Mannschaft gewonnen, die bis dahin noch nie verloren hatte – und auch gegen die Altliga von Torpedo Moskau haben wir gesiegt. Wir hatten aber auch eine Bombentruppe mit dem einstigen Schalker Bundesliga-Spieler Gerhard Neuser und vielen starken Leuten“, so Schmitt.

Und dann war da ja noch das Kehraus-Match der Bezirksliga-Saison 1982/83 am 3. Juni 1983: Die Reservemannschaft der Sportfreunde Siegen gewann beim TSV Weißtal mit 2:1, wobei Otto Schmitt nach 55 Minuten das 1:0 für die Gäste erzielte, dem sein Sohn Michael in der 77. Minute das 2:1 folgen ließ. „Gernsdorf-Importe schießen Siegen zum Sieg“, titelte seinerzeit die Siegener Zeitung über ein Spiel, das bei Otto Schmitt sehr gemischte Gefühle zurückließ.

Große Verdienste erwarb er sich auch als Jugendtrainer – zunächst bei den „Schwarz-Weißen“, mit denen er 1977 den B-Junioren-Kreispokal gewann (mit Filius Michael im Team). Ende der 1990er Jahre stieg er nochmals ins Trainergeschäft ein, als Utes älterer Sohn Felix als Fußballer begann. Felix schoss in den E-Jugend-Saisons 2002/03 und 2003/04 (Titelgewinn!) jeweils fast 100 Tore und wechselte in der B-Jugend zu den Siegener Sportfreunden. Inzwischen spielt er wieder für seinen Heimatverein. Sein jüngerer Bruder Max ist ein echter Vereinsmensch und hilft beim TSV gern in jeder Mannschaft, in der gerade Not am Mann ist. Die sportliche Liebe von Michaels Tochter Katharina als drittes Enkelkind von Gitta und Otto Schmitt galt in ihrer Jugendzeit indes dem Pferdesport.

Nach seiner fußballerischen Laufbahn tauschte Otto Schmitt den großen Lederball gegen die kleine Filzkugel ein – mit dem Tennisteam des TC 71 Netphen schaffte er den Sprung bis in die Verbandsliga. Noch heute verfolgt er die Senioren- und Jugendspiele „seines“ TSV Weißtal mit großem Interesse und ist ein interessanter Zeitzeuge, der eine Menge zu erzählen hat.

(Quelle: fupa.net/Siegener Zeitung)

[slideshow_deploy id=’7028′]