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SV Rudersdorf wäre heute stolze 100 Jahre alt

SV Rudersdorf wäre heute stolze 100 Jahre alt

Am letzten Samstag wäre der SV Rudersdorf 100 Jahre alt geworden. Frank Kruppa von der Siegener Zeitung hat hierzu am Samstag einen sehr interessantenText geschrieben, den wir euch nicht vorenthalten wollen.

krup Gernsdorf/Rudersdorf. Den TSV Weißtal gibt es seit 1971, als langjähriger Landes- und Bezirksligist ist der Fußballverein aus der Gemeinde Wilnsdorf – auch dank seiner herausragenden Jugendarbeit – fest im Siegerländer Sportgeschehen etabliert. Von 2005 bis 2009 gab der TSV sogar ein vierjähriges Gastspiel in der
Verbandsliga Westfalen (heute: Westfalenliga) und somit in der fünfthöchsten Spielklasse Deutschlands.

Im März 1919 aus der Taufe gehoben

Die beiden Keimzeilen des Vereins sind der SC Schwarz-Weiß Gernsdorf und der SV Rudersdorf, die am 22. Mai 1971 zum TSV Weißtal fusionierten. Einer dieser beiden „Elternteile“, der SV Rudersdorf feiert in diesem Jahr den 100. Geburtstag seiner Gründung. Auch wenn der SVR nicht mehr existiert, hat der Vorstand des TSV Weißtal doch seine Ursprünge nie vergessen und erinnert mit einem Gedenkgottesdienst an die verstorbenen Vereinsmitglieder des SV Rudersdorf, der im März 1919 aus der Taufe gehoben wurde. „Männer aus Rudersdorf und dem Nachbarort Gernsdorf hatten schon vorher gegeneinander Fußball gespielt, aber der Erste Weltkrieg bot dieser sportlichen Entwicklung Einhalt“, erinnert sich der mittlerweile in Siegen lebende Karl-Heinz Ax, der
die Rudersdorfer Dorf- und Vereinschronik in über 100 dicken Aktenordnern akribisch dokumentiert hat. Schon im Gründungsjahr wurde mit selbst gefertigten Lumpenbällen gekickt, wie die Chronik zum 50-jährigen Bestehen im Jahre 1969 aufzeigt. Als dann vom VfB 07 Weidenau ein Lederball gekauft wurde (für 3,20 Mark!), waren die Voraussetzungen für die Gründung des Vereins geschaffen. Gleich 42 Männer traten dem SV Rudersdorf im März 1919 als Gründungsmitglieder bei, zum ersten Vorsitzenden wurde Josef Kölsch gewählt. Josef Schuh wurde mit der Kassenführung beauftragt und übernahm auch das Amt des Geschäftsführers.
Zwar waren in jenen Tagen viele ältere Menschen eher skeptisch gegenüber dem „wilden“ Sport eingestellt, gleichwohl wuchs auch in Rudersdorf die Begeisterung für das Fußballspiel unter der Dorfjugend so rasch, dass man mehrere Mannschaften aufstellen konnte. Gespielt wurde auf einem freien Platz am Brüderhain, die Maße der Tore wurden durch Fußschritte und Erheben der Arme festgelegt. Die allgemeinen Fußballregeln waren damals noch weitgehend unbekannt, „so dass es oft zu sonderlichen Auslegungen kam“, wie der Chronist launig anmerkt. Nach einigen Wochen Training, das oft auf Sonntagnachmittage beschränkt war, wurden im Nachbarort Gernsdorf die ersten Spiele ausgetragen, die Rudersdorf beide verlor. Die „Neulinge“ lernten jedoch schnell, denn schon kurze Zeit später feierte man durch einen 2:0-Sieg eine erfolgreiche Revanche gegen den späteren Fusionspartner aus Gernsdorf.
Da sich der Platz am Brüderhain als zu klein und zudem als sehr uneben erwies, bat man den Haubergsvorsteher um Überlassung eines freien Grundstücks in der Weimersbach, da dieses zunächst als geeigneter erschien. Haubergsvorsteher Josef Büdenbender (auch bekannt als „der alte Küster“) war zum Glück selbst ein begeisterter Fußballanhänger und erfüllte dem Verein diese Bitte. Schon im Jahr 1921 überließ er dem SV ein dem Dorf näher gelegenes freies Waldstück am Weisterberg zur Erstellung eines neuen Fußballplatzes, nachdem der Spieler Albert Schneider den Unebenheiten des alten Platzes mit einem Armbruch hatte Tribut zollen müssen.

Sportplatz mit Axt und Knipp erweitert

Mit Axt und Knipp wurden zunächst einmal die um den Platz stehenden Bäume gefällt und das Feld auf eine Größe von 60 x 30 Meter erweitert. „Auch mancher Baum und Busch wurde noch heimlich abgeschlagen, was vom Haubergsvorsteher stillschweigend gebilligt wurde“, weiß die Chronik augenzwinkernd zu berichten. Das erste Spiel in der neuen „Arena“ wurde 1922 gegen Anzhausen ausgetragen, endete allerdings mit einer Niederlage. In jedem Jahr seit Erstellung des neuen Platzes, der übrigens noch heute existent ist, wurde ein Sportfest ausgetragen, woran schon damals bis zu zehn Vereinen teilnahmen. Dabei standen neben dem Fußballspiel auch leichtathletische Wettbewerbe im Blickpunkt. Als 1926 das Rudersdorfer Sportfest buchstäblich ins Wasser fiel und die Siegener Vereine ausblieben, stand der Verein vor dem finanziellen Ruin. „Die schon vorbereiteten Würstchen mussten am nächsten Tag für 10 Pfennig verkauft werden, um wenigstens die Kosten wieder zu bekommen“, berichtet der Chronist leicht zerknirscht.
Nachdem der Spielbetrieb für kurze Zeit zum Erliegen kam, übernahm der Jünglingsverein 1927 den Sportverein als Abteilung, und ab sofort trat man dem DJK-Verband bei – damit war der Verein erstmals seit seiner Gründung organisiert. Der neu gewählte 1. Vorsitzende Fritz Willmes verstand es, die Sportkameraden aufs Neue zu begeistern, was den Erfolg hatte, dass man 1928 auf dem Sportfest in Salchendorf in der A-Klasse den 1. Preis errang. Einige Jahre später gewann der Verein die DJK-Meisterschaft der ersten Klasse, u.a. gegen Kontrahenten aus Betzdorf, Siegen, Elkenroth und Attendorn.
Nach Fritz Willmes stand dem Verein der langjährige Rudersdorfer Bürgermeister Heinrich Wagener bis zur Verbietung der DJK durch die Machthaber des Dritten Reiches als Vorsitzender vor. Seit dieser Zeit gehörte der SV Rudersdorf dem Westdeutschen Fußballverband an.

Karl Schneider: 24 Tore in einem Spiel!

Da der Zweite Weltkrieg zahllose Opfer auch im Siegerland gefordert hatte, spielten Ende der 1940er Jahre einige Fußballer in Nachbarorten, damit überhaupt Mannschaften gebildet werden konnten. So ging Karl Schneider, ein unglaublich torgefährlicher Stürmer von Schwarz-Weiß Gernsdorf, kurzfristig auch für den SV Rudersdorf auf Torejagd. „Als er für Gernsdorf spielte, sagte vor dem Anpfiff ein Gegenspieler zu ihm: Du schießt heute kein Tor“, schmunzelt Karl-Heinz Ax, und man ahnt bereits, wie diese nette Episode endet. „Karl schoss an diesem Tag 24 Tore, und Gernsdorf gewann 27:0…“ Auch in Rudersdorf bildete Schneider gemeinsam mit Josef Ax, Heinrich Ax, Willi Hartmann und Felix Ax eine enorm produktive Sturmreihe.

Meisterschaft 1957 war der Höhepunkt

Sportlicher Höhepunkt des SV Rudersdorf war die Meisterschaft in der 1. Kreisklasse Nord in der Saison 1956/57 und der damit verbundene Aufstieg in die Bezirksklasse (heute: Bezirksliga). Dort hielt sich der Verein drei Jahre lang, musste aber 1960 den Abstieg quittieren. „Einen besonders großen Anteil am damaligen Aufstieg hatte unser Trainer Werner Stein, der erstmals ein systematisches Training eingeführt hat“, erinnert sich Karl-Heinz Ax. Bemerkenswert: Schon vor 50 Jahren geht aus der damaligen Vereinschronik hervor, welch hohen Stellenwert man der Nachwuchsarbeit beimaß: „Der Jugendarbeit wird seit einigen Jahren ein großes Augenmerk gewidmet, so dass 1964 erstmals vier Mannschaften an einer Meisterschaft teilnahmen. Diese Arbeit wurde mit der Erringung der Meisterschaft der A-Jugend im Jahre 1966 belohnt.“ Im Jahr des 50. Geburtstags zählte der SV Rudersdorf 170 Mitglieder (1970 kamen durch die Neugründung einer Tischtennis-Abteilung gut 50 neue Mitglieder hinzu) und unterhielt neben der 1. Mannschaft eine B- und eine C-Jugend, ein Altherren-Team und eine A-Jugend, die – Achtung! – mit Schwarz-Weiß Gernsdorf eine gemeinsame Mannschaft bildete. Das waren also bereits die ersten Vorboten der bevorstehenden Fusion zwei Jahre später…